Filler, wie sie in der ästhetischen Medizin insbesondere zur Faltenunterspritzung verwendet werden, besitzen ein hohes und oft unterschätztes Nebenwirkungsrisiko. Das ist von besonderer Bedeutung, da die Injektion von Fillern in der ästhetischen Medizin eine zunehmende Rolle spielt; allein in Deutschland werden pro Jahr mehrere 100.000 Behandlungen durchgeführt.
So stellt die versehentliche intravasale Injektion von Filler-Material eine der schwerstwiegenden Komplikationen der minimal invasiven ästhetischen Dermatologie dar. Eine durch den Filler bedingte externe Gefäßkompression kann ähnliche Folgen haben, nämlich Ischämie und lokalisierten oder weitreichenden Gewebeuntergang im Versorgungsbereich des betroffenen Gefäßes bzw. der betroffenen Gefäße.
Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang Rezirkulations-Kreisläufe mit Verbindungen von Gesichtsarterien zur A. ophthalmica und A. centralis retinae oder zu intrakraniellen Gefäßen. Intraarterielle Injektionen können zur Erblindung oder zu einem Schlaganfall führe!
Eine detaillierte Kenntnis des Verlaufes der großen Gesichtsarterien und ihrer Abgänge sowie auch das Bewusstsein bezüglich der hohen Variabilität der Gefäßverläufe sind eine entscheidende Voraussetzung, überhaupt Behandlungen mit Fillern durchzuführen. Die Kenntnis der Hochrisikoareale und eine besonders umsichtige Injektionstechnik (immer aspirieren, geringe Mengen injizieren, langsame Injektion) sind dabei besonders wichtig.
Auch wenn in einer aktuellen Literaturübersicht von Wang et al. (Aesthet. Surg. Journal 2022) die Autoren zum Schluss kommen, dass eine Aspiration vor einer Filler-Injektion nicht nur wenig diagnostisch, sondern sogar irreführend sei, empfahl Priv.-Doz. Dr. Abel-Jan Tasman, Leitender Arzt an der Hals-Nasen-Ohrenklinik, Hals- und Gesichtschirurgie am Kantonsspital St. Gallen (Schweiz) auf dem 14. MKG-Update-Seminar am 27. und 28. Januar 2023 in Wiesbaden dennoch immer eine Aspiration: Der Aufwand dafür sei äußerst gering und eine mögliche Komplikation bei versehentlicher Injektion in die A. angularis hätte gravierende Folgen. Daher würde er insbesondere bei der Injektion am Nasenabhang und der Nasolabialfalte an der Aspiration festhalten. Dass nicht forciert ein Bolus appliziert werde, sollte selbstverständlich sein.
Zu beachten sind zudem auch Spätkomplikationen: Insbesondere bei semipermanenten oder permanenten Fillern kann es auch Jahre nach der Injektion zu granulomatösen Gewebereaktionen kommen, die sich in zum Teil schmerzhaften knotenartigen Indurationen im Applikationsbereich äußern. Diese sind nicht nur ästhetisch störend, sondern können auch Ausgangspunkt umfangreicher und fistulierender Entzündungsreaktionen sein.
Eine ausführliche Aufklärung der Patienten über diese möglichen Komplikationen ist gerade bei ästhetischen (somit nicht medizinisch notwendigen) Eingriffen unbedingt erforderlich.
Newsletter Ausgabe 01/23