Viele Schmerzambulanzen werden derzeit von Menschen aufgesucht, die ihre Beschwerden auf eine COVID-19-Infektion zurückführen, berichtete Prof. Dr. Winfried Meißner von der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Abteilung Palliativmedizin, am Universitätsklinikum Jena auf dem 14. Anästhesie-Update-Seminar am 10. und 11. November 2023 in Wiesbaden.
Die oft heterogenen Symptome lassen jedoch kein „typisches“ Post-COVID-Schmerzsyndrom erkennen und ähneln bisweilen denen, die bei Fibromyalgie, unspezifischen muskuloskelettalen Syndromen oder anderen Beschwerdebildern berichtet wurden.
Eine französische Gruppe hat nun in einer großen Kohorte den Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden, der Überzeugung, an COVID-19 erkrankt gewesen zu sein, und ihrem SARS-CoV-2-Serostatus untersucht (J. Matta et al., JAMA Intern Med, 2022). Dabei zeigte sich, dass der Glaube an eine durchgemachte COVID-19-Erkrankung ein viel stärkerer Prädiktor für eine ganze Reihe von Symptomen inkl. Rücken- und Muskelschmerzen war als eine serologisch nachgewiesene COVID-Infektion – hier bestanden kaum signifikant erhöhte Inzidenzen (bis auf Anosmie).
Diese Studie unterstützt die kürzlich geäußerte Kritik an einer falsch hohen Inzidenz von Post-COVID-Syndromen, die vor allem durch einen Mangel an Kontrollgruppen zu Stande komme, kommentierte Meißner. In der Schmerztherapie aber seien wir die Diskussion um „körperliche“ versus psychosoziale Faktoren bei Menschen mit chronischen Schmerzen seit langem gewohnt. Selten sei es ein physischer Faktor allein, der zu einer belastenden chronischen (Schmerz-) Erkrankung führe – aber selten fehlen auch jegliche pathophysiologischen Veränderungen, zumindest am Beginn einer „Schmerz-Karriere“.
Aus seiner Sicht komme es zunächst darauf an, den Betroffenen zuzuhören, ihnen offen und zugewandt zu begegnen – was oft erst ermögliche, auch nicht-körperliche Schmerzfaktoren zu thematisieren.