Zur Thematik der Ablehnung eines Gerichtssachverständigen wegen Befangenheit und der Verwertbarkeit dessen Gutachtens äußerte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 5.12.2023 (AZ: IV ZR 34/22), über welches die Fachzeitschriften „Versicherungsrecht“, Heft 12/2024 vom 15. Juni 2024, und „Der medizinische Sachverständige“, Heft 4/2024 vom 1. Juli 2024, berichten.
https://www.medsach.de/aus-der-rechtsprechung/bgh-urteil-vom-5122023-vi-zr-34-22

Hier die beiden amtlichen Leitsätze des Urteils:

  1. Gemäß § 412 Abs. 2 ZPO [Zivilprozessordnung] kann das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. In diesem Fall darf ungeachtet des Wortlauts des § 412 Abs. 2 ZPO („kann“) das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen grundsätzlich nicht mehr verwertet werden.
  2. Die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen steht der Verwertbarkeit seines Gutachtens [aber] jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen ist (Anschluss BGH, Beschluss vom 26. April 2007 – VII ZB 18/06, NJW RR 2007, 1293).

Der medizinische Sachverständige sollte sich daher gerade in der mündlichen Verhandlung nicht durch den Rechtsanwalt der Seite, für die sein Gutachten negativ ausfällt, provozieren lassen und Kritik an dessen Verhalten bzw. Argumentation äußern, weil er sonst Gefahr läuft, wegen Befangenheit abgelehnt zu werden.